SPORTABZEICHEN VOM DEUTSCHEN OLYMPISCHEN SPORTBUND (DOSB): EIN EHRENZEICHEN

Der Ritterschlag für Freizeitsportler wird immer beliebter: 2018 wurden in Berlin 22.337 Sportabzeichen abgelegt – 900 mehr als im Jahr zuvor. Bundesweit waren es fast 800.000. Das Sportabzeichen ist die höchste Auszeichnung, die der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) außerhalb des Wettkampfsports verleiht
GOLD FÜRS VOLK: DAS REVIVAL DES DEUTSCHEN SPORTABZEICHENS Image 2
„MANCHE TEILNEHMER KOMMEN NUR EIN MAL, LEGEN IHRE LEISTUNGEN AB UND FERTIG. ANDERE TRAINIEREN VON APRIL BIS SEPTEMBER REGELMÄSSIG“
Frank Derikartz
Chefprüfer TSV GutsMuths 1861
Das Deutsche Sportabzeichen ein Relikt von gestern? Weit gefehlt! Die Auszeihnung ist eher ein Trend für morgen und übermorgen. Und zunehmend ein Muss für Leute von heute, denn körperliche Leistungsfähigkeit gehört zum Lifestyle. Vor allem dann, wenn sie so vielseitig ist, wie die Anforderungen des Sportabzeichens es verlangen. Wer das „Ehrenzeichen der Bundesrepublik Deutschland mit Ordenscharakter“ erringen möchte, der muss in den vier Disziplingruppen beziehungsweise motorischen Grundfähigkeiten Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Koordination mindestens eine Übung erfolgreich absolvieren. Aber keine Sorge – jeder Interessierte kann sich aus einem kleinen Auswahlkatalog seine Stärken aussuchen, außerdem kann er je nach Ehrgeiz und Talent die Stufen Bronze, Silber oder Gold anstreben. Die Mindestanforderungen für alle drei Stufen hängen vom Geschlecht und Alter ab. Für sechsjährige Kinder gelten selbstverständlich andere Normen als für 60-Jährige oder für Menschen mit Behinderungen.

Am besten versteht man das System anhand der Anforderungen für die verschiedenen Altersklassen. Sämtliche Infos und Vorgaben finden sich auf der Webseite des DOSB unter www.deutsches-sportabzeichen.de im Prüfungswegweiser.

Kostenlos, aber nicht umsonst

Ob Laufen, Springen, Werfen oder Turnen – etwas Übung hat noch keinem geschadet. Kein Problem! Trainieren ist erwünscht, besonders bei den „Sportabzeichen-Treffs“, die von Berliner Sportvereinen kostenlos angeboten werden. Richtig gelesen: Man muss nicht einmal Mitglied des betreffenden Sportvereins sein. Wer zu einem Sportabzeichen-Treff kommt, darf die ganze Saison über nach Herzenslust Sportarten ausprobieren, üben, sich verbessern. Alles kostenlos. Lediglich für die Ausgabe der Urkunde und Nadel durch den Landessportbund Berlin (LSB) wird eine kleine Gebühr von vier Euro eingesammelt. Wer darauf keinen Wert legt, bezahlt nichts. Das Besondere an den Treffs: Jede Leistung wird von ausgebildeten Prüfern exakt vermessen und – sofern sie der Mindestanforderung für Bronze genügt – sorgfältig in den „Laufzettel“ eingetragen, den jeder Prüfling bei seinem Erststart bekommt.

„Manche Teilnehmer kommen nur ein oder zwei Mal, legen ihre Leistungen ab und fertig. Andere trainieren von April bis September regelmäßig, freunden sich untereinander an und versuchen sich zu verbessern“, berichtet Frank Derikartz (67), Chefprüfer des Sportabzeichen-Treffs beim Verein „TSV GutsMuths 1861 e.V.“ in Moabit. Letztes Jahr hat „GutsMuths“ mit 176 abgelegten Sportabzeichen den Berliner Vereinswettbewerb gewonnen. Kein Wunder, denn hier finden die Aktiven nicht nur eine wunderschön an der Spree gelegene Leichtathletik-Anlage mit sanierter Tartanbahn, sondern vor allem einen lebendigen Sportabzeichen-Treff mit engagiertem Team. Frank und Elisabeth Derikartz, Henri und Irene Günther, Petra Koch, Doris Buhr und Monika Niss – so heißen einige der Prüfer, die vor allem auch Trainer und Motivatoren sind und nebenbei meist selbst Prüflinge, denn ihr Ehrenamt resultiert fast immer aus der eigenen sportlichen Praxis. So absolviert die Prüferin Irene Günther (75) ihr Sportabzeichen dieses Jahr bereits zum 42. Mal und prüft seit 25 Jahren.
                                  
GOLD FÜRS VOLK: DAS REVIVAL DES DEUTSCHEN SPORTABZEICHENS Image 3

DAS DEUTSCHE SPORTABZEICHEN

ist ein Ehrenzeichen für Erwachsene, Kinder und Jugendliche. Je nach Altersklasse gibt es unterschiedliche Anforderungen. Verliehen wird es einmal pro Kalenderjahr in Disziplinen der Leichtathletik, des Radfahrens und Schwimmens.
Sina sucht beim Kugelstoßen die richtige Technik.
Sina sucht beim Kugelstoßen die richtige Technik.
Irenes Lieblingsdisziplin ist Springseilhüpfen. „Es ist für mich sehr wichtig, andere zu unterstützen, aber auch selbst aktiv mitzumachen.“ Der Alltag dankt es ihr. Die regelmäßige körperliche Belastung über Jahrzehnte hinweg hat Irene eine solide Grundfitness gebracht – auch geistige Leistungsfähigkeit, denn sonst könnte sie sich nicht zwei Stunden lang auf all die Zahlen und Maßeinheiten konzentrieren. Und auf die Prüflinge, die manchmal etwas eigenwillig sind. Nicht jeder ist auf dem Sportplatz „zu Hause“.

Laura Luft in der Luft


Für Familie Luft ist vieles längst Routine. Vater Rainer Luft (72), Mutter Regina (70) und Tochter Laura (34) sind das dritte Jahr in Folge beim Sportabzeichen dabei – und machen beim Laufen und Springen ihrem Nachnamen alle Ehre. Lauras Weitsprung ist Gold wert. Regina wiederholt an zwei Freitagen den 50-Meter-Sprint so oft, bis auch er die höchste Wertung bekommt.

Rainers Stärke ist das ausdauernde Laufen. „Es macht aber auch Spaß, Sachen auszuprobieren, die man nicht gut kann“, sagt Regina. Und wie sind die drei auf die Idee gekommen, gemeinsam zum Sport zu gehen? „Oh, ich bin schuld“, bekennt Laura. „Ich bin Turnerin hier im Verein, habe gelesen, dass man sein Sportabzeichen machen kann, und meine Eltern überredet, mitzukommen.“ Diesmal hat Laura ihre Freundin Sina im Schlepptau, die beim Kugelstoßen die richtige Technik lernen möchte.

Jeder in seinem Element

Es gibt sogar Familien, die mit drei Generationen zum Sportabzeichen-Training kommen. Zum Beispiel Familie Adam: Opa Dieter (72), Sohn Robin (40) und Enkel Fynn (11) geben alles. Fynn beim 800-Meter-Lauf mit seinem gleichaltrigen Freund Noah. Während die beiden Jungs ihre Bahnen ziehen und Robin in der Sandgrube landet, versucht Dieter, seinen Saison-Rekord beim Medizinball-Wurf zu knacken. Alles gleichzeitig. Das wuselige Sportabzeichen- „Meeting“ wirkt fast so komplex wie echte Leichtathletik-Meisterschaften. Es sind eben die „Meisterschaften des Breitensports“, deren Stars – die Freizeitsportler – sehr liebevoll behandelt werden.

Zwei Sportarten kann man auf dem Sportplatz jedoch weder üben noch ablegen: Radfahren und Schwimmen. Dafür muss man sich einen Radsportverein beziehungsweise ein Schwimmbad suchen. Beim Schwimmen gibt es eine Besonderheit: Falls jemand alle seine vier Leistungsabnahmen ohne Schwimmen erledigt, muss die Schwimmfähigkeit zusätzlich nachgewiesen werden.
Joanna Zybon
SPORTABZEICHEN-TREFF BEIM TSV GUTSMUTHS

Wullenweberstraße 15, 10555 Berlin Saison 2019: 5. April bis 20. September Jeweils Freitags zwischen 17.00 und 19.00 Uhr, Ansprechpartner: Frank Derikartz, Tel. 030 393 55 98
tsvgutsmuths-berlin.de

Weitere Infos
deutsches-sportabzeichen.de
FOTOS Photocase, Joanna Zybon, Quelle für Zahlen: DOSB 1.4.2019

Copyright © Der Tagesspiegel Impressum

Datenschutz